Toilettenverweigerungssyndrom: Was ist das? | Eltern.de

2023-03-16 17:09:24 By : Ms. Arya zhang

Dein Kind geht zum Wasserlassen selbstverständlich auf die Toilette, möchte zum Großmachen aber unbedingt eine Windel anziehen und verweigert das Klo? Dann könnte das Toilettenverweigerungssyndrom (TVS) dahinterstecken. Was es mit dieser Erkrankung auf sich hat, erfährst du hier.

Vom Toilettenverweigerungssyndrom betroffene Kinder setzen Stuhl nur in die Windel, Urin aber auf dem Klo ab. Das Toilettenverweigerungssyndrom (engl.: toilet refusal syndrome) kennzeichnet sich durch drei Symptome:

Das Toilettenverweigerungssyndrom (TVS) ist ein häufiges und meistens nur vorübergehend auftretendes Phänomen im Kleinkindalter. Laut verschiedenen Studien sind 20 – 25 % aller Kleinkinder zwischen 18 und 30 Monaten betroffen. Typischerweise tritt das Syndrom auf, wenn die Kinder anfangen trocken zu werden und verschwindet nach kurzer Zeit wieder. In einigen seltenen Fällen kann das Toilettenverweigerungssyndrom aber auch über das Kleinkindalter hinaus bestehen bleiben und einen schwereren Verlauf nehmen. Dann wird eine individuelle Behandlung nötig, um Erkrankungen wie unkontrolliertes Einkoten oder chronische Verstopfungen zu verhindern.

Das Toilettenverweigerungssyndrom ist bisher nicht als eigene Ausscheidungsstörung klassifiziert, gilt unter Mediziner:innen aber als Unterform der Enkopresis (Einkoten). Bei dieser Störung der Darmentleerung setzen Kinder kontrolliert oder unkontrolliert Stuhl an nicht dafür vorgesehen Stellen ab – also außerhalb des Klos. Im Unterschied zum Toilettenverweigerungssyndrom, bei dem die Darmentleerung ausschließlich in die Windel erfolgt, kann der Kot bei einer Enkopresis auch in die Kleidung oder auf den Boden gehen.  

Abzugrenzen ist das Toilettenverweigerungssyndrom außerdem von Ausscheidungsstörungen wie dem Einnässen (Enuresis) oder der Toilettenphobie – hier geht das Kind aus Angst gar nicht auf die Toilette oder das Töpfchen.

Hast du die Vermutung, dass dein Kind vom Toilettenverweigerungssyndrom betroffen ist, wende dich zunächst an deinen Kinderarzt oder deine Kinderärztin. Sie werden im ersten Schritt untersuchen, ob organische Ursachen hinter der Klo-Verweigerung stecken. Diese können sein:

Die Verstopfung (Obstipation) gilt als häufigste Ursache für das Toilettenverweigerungssyndrom; bei 50 bis 60 % der betroffenen Kinder liegt eine Obstipation vor oder geht dem TVS voraus. Verletzungen im Analbereich sind oftmals Resultat der Verstopfung: Verbleibt der Stuhl lange im Darm, wird er hart und kann beim Großmachen zu schmerzhaften Einrissen am After führen. Aufgrund der Schmerzen beim Stuhlgang bevorzugen die betroffenen Kinder daher häufig eine für sie komfortablere Position – und machen statt ins Klo lieber in die Windel.

Manchmal kommt es infolge der schmerzhaften Erfahrungen beim Stuhlgang auch zu einem Stuhlverhalt (Stuhlretention): Dein Kind verkneift sich das Großmachen so lange wie möglich und hält den Kot zurück. Dies kann die Verstopfung und damit die Toilettenverweigerung aber noch weiter verschlimmern und zu einem echten Teufelskreis werden.

Weitere Ursachen für das Verweigern der Toilette zum Stuhlgang können zudem eine sehr spät begonnene Sauberkeitserziehung (ab 3 ½ Jahren) oder eine allgemeine Verweigerungshaltung gegenüber dem Toilettengang ohne organische Ursache sein.

Die Behandlung richtet sich nach dem Alter des betroffenen Kindes, den Ursachen des TVS und dem Schweregrad der Störung. Wichtig: Das Stuhlgang-Problem kann nicht mit Druck oder Strafen gelöst werden – hier ist Geduld und Einfühlungsvermögen gefragt.

Steckt eine Verstopfung mit oder ohne Stuhlverhalt hinter dem Toilettenverweigerungssyndrom, wird diese zuerst behandelt. Dazu gibt es stuhlauflockernde und abführende Arzneimittel, sogenannte Laxanzien, die dir von deinem Kinderarzt oder deiner Kinderärztin bei Bedarf verschrieben werden können. Wichtig ist außerdem, dass eine Toilettenphobie ausgeschlossen wird. Denn hat dein Kind Angst vor der Toilette, können verhaltenstherapeutische Maßnahmen nötig sein.

Tritt das Syndrom nur in leichter Form oder beim Trocken werden auf, ist oftmals keine sofortige Behandlung nötig. Hier wird den Eltern in der Regel empfohlen, dem Kind zum Großmachen auf Wunsch wieder eine Windel anzuziehen und abzuwarten. In den meisten Fällen ist keine weitere Behandlung nötig und dein Kind wird von selbst wieder die Toilette nutzen, wenn es dazu bereit ist.

Liegt eine schwere Form des Toilettenverweigerungssyndroms vor – das heißt gemeinsam mit einer Verstopfung und dem bewussten Zurückhalten von Stuhl – kann neben der Gabe von sanften Mitteln zur Stuhlauflockerung ein gezieltes Toilettentraining angeraten sein. Das gilt auch, wenn das Toilettenverweigerungssyndrom im Zusammenhang mit einem verspäteten Trockenwerden nach dem 42. Lebensmonat steht. Hierbei führen die Eltern zunächst ein Protokoll über das Großmachen – also notieren, wie oft das Kind Stuhl abgesetzt hat – und halten dann über einen längeren Zeitraum bestimmte Toilettenzeiten ein. Das bedeutet: Das Kind geht zu festen Zeiten auf das Klo, auch wenn es nicht muss. Dadurch soll sich der Toilettengang für das Kind normalisieren und ein gesunder Rhythmus der Darmentleerung erlernt werden.

Weitere Maßnahmen: Um nicht direkt in die nächste Verstopfung zu geraten, können eine Ernährungsumstellung auf ballaststoffreichere Kost, eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr (am besten Wasser) und mehr Bewegung im Alltag ratsam sein. Zu allen Behandlungsoptionen werden dich dein:e Kinderärzt:in, ein Kindergastroenterologe oder eine -gastroenterologin ausführlich beraten.

Außerdem kann es hilfreich sein, von Anfang an für bequeme Bedingungen zu sorgen. Also in ein gutes Töpfchen oder einen passenden Toilettenaufsatz zu investieren. In unserem Töpfchen-Vergleich und unserem Toilettensitz-Vergleich findet ihr viele verschiedene Modelle.

Schwere Fälle des Toilettenverweigerungssyndroms können zu chronischen Verstopfungen und einer Stuhlinkontinenz führen. Ein Alarmsignal ist das sogenannte Stuhl- oder Kotschmieren: Dabei gehen infolge von Verstopfungen immer wieder kleine Mengen flüssigen Stuhls in die Hose. Prof. Dr. Daniela Schultz-Lampel, Direktorin des Kontinenzzentrums Südwest am Klinikum Schwarzwald-Baar in Villingen-Schwenningen und Mitglied im Expertenrat der Deutschen Kontinenz Gesellschaft, erklärt dazu:

Ein Toilettenverweigerungssyndrom sollte daher immer ernst genommen und ärztlich abgeklärt werden, um eine Stuhlinkontinenz und chronische Verstopfungen zu vermeiden. In den meisten Fällen besteht aber kein Grund zur Sorge.

Auf der Website der Deutschen Kontinenz Gesellschaft finden Betroffene und Interessierte hilfreiche Informationen und örtliche Adressen von anerkannten ärztlichen Beratungsstellen.